24.01.2022 - HwK Koblenz informiert zu RechtslageWenn aus freiwilliger Fluthilfe unbeabsichtigt Schäden entstehen
Die Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 hat das Ahrtal in weiten Zügen zerstört und gigantische Schäden hinterlassen. Nach den ersten Aufräumarbeiten dreht sich nun alles um den Wiederaufbau.
Den Wassermassen folgte eine zweite Welle der Solidarität und tausende ehrenamtliche Helfer packten bereits Stunden nach der Katastrophe mit unglaublichem Engagement an: Reinigungs- und Aufräumarbeiten waren nicht nur eine praktische Hilfsleistung, sondern auch mentale Unterstützung. Wofür die Flut-Betroffenen bis heute sehr dankbar sind.
Die Krisenbewältigung als dynamischer Prozess mit permanent wechselnden Herausforderungen und Ansprüchen ist aus dieser ersten Phase der Nothilfe längst gewechselt zu konkreten Wiederaufbaumaßnahmen. „Hier spielt das Handwerk eine zentrale Rolle“, weiß die Handwerkskammer (HwK) Koblenz, die mit einer Reihe von Mitarbeitern und der Spitze involviert ist.
Aus der Arbeit vor Ort weiß man bei der HwK auch um Informationsdefizite und offene Fragen rund um den Wiederaufbau. So beschäftigt Betroffene neben Fragen zur Finanzierung natürlich auch die, wer die notwendigen Arbeiten an beschädigten Immobilien durchführen kann und soll.
Dabei kann eine Auftragsvergabe weitreichende Folgen haben. Denn wurde bei der Auswahl die falsche Entscheidung getroffen, wird aus dem Flutopfer ein Opfer mangelhaft durchgeführter Wiederaufbauarbeiten. Ein Problem, das nicht zu unterschätzen ist. Denn die Rückmeldungen des Fachhandwerks aus den Tätigkeiten in zerstörten Gebäuden sind alarmierend: viele der zu beseitigenden Schäden sind gar nicht durch die Flut, sondern durch Fehler beim Versuch zu Helfen entstanden. Wobei die Rechtslage eindeutig ist. Handelt es sich um Hilfeleistungen in der konkreten Notsituation unmittelbar nach der Flut, greift auch für solche Schäden die Wiederaufbauhilfe des Landes und deren Ehrenamtsversicherung für Katastrophenhelfer.
Sind die Schäden aber nach Erlass der Verwaltungsvorschrift zum Wiederaufbau am 23. September 2021 verursacht worden, kann staatliche Hilfe zur Beseitigung nicht mehr in Anspruch genommen werden. In vielen Fällen zahlt dann auch keine Versicherung.
Am Ende bleibt für Betroffene nur der Rückgriff auf die Schadenverursacher. Das sind unter Umständen die helfenden Hände von Freiwilligen. Dabei handelt es sich in vielen Fällen nicht um typische Leistungen, die ihm Rahmen von Nachbarschaftshilfe erbracht wurden oder gar um „ehrenamtliche“ Tätigkeiten. Für solche bestünde ein Versicherungsschutz über eine Landesversicherung. Werden die Voraussetzungen für eine solche Privilegierung aber nicht erfüllt, steht das Flutopfer vor einem Dilemma: Soll tatsächlich der Helfer für den Schaden geradestehen oder wird der Geschädigte ein zweites Mal zum Opfer.
Was auch wenig bekannt ist: werden kostenlose Hilfeleistungen in Anspruch genommen, reduzieren sich dadurch auch die bewilligten Wiederaufbaukosten. Denn am Ende werden die über eine Dokumentation der Verwendungsnachweise abgerechnet (Ausnahme Hausrat). Also spielt das Vorliegen von Rechnungen eine entscheidende Rolle. Wer keine Nachweise erbringt, erhält kein Geld oder muss bereits erhaltene Zahlungen zurückerstatten.
Ein weiteres Thema, das gut durchdacht werden muss: Gerade jetzt wird die Basis für weitere Arbeiten an beschädigten Häusern gelegt. Sollte sich später herausstellen, dass grundlegende Reparaturen fehlerhaft ausgeführt wurden, müssen diese Mängel beseitigt werden, was zusätzlich Geld und auch Zeit kostet.
Die HwK Koblenz hilft mit ihrem Internetportal www.handwerk-baut-auf.de bei der Suche nach Fachhandwerkern, die sich aus ganz Deutschland zur Unterstützung des Wiederaufbaus in der Datenbank angemeldet haben. „Aktuell sind es über 1.500 – und es werden täglich mehr! Die Handwerkskammer prüft dabei im Vorfeld einer Eintragung, ob alle Kriterien durch die helfenden Handwerker erfüllt werden – sprich: Eintragung bei einer Handwerkskammer und Meisterqualifikation, wenn diese Voraussetzung für das Führen eines Betriebes ist.“ Wer sich auf der Plattform anmeldet verpflichtet sich außerdem, Leistungen zu marktüblichen Preisen anzubieten.
„Das Gesamtpaket bietet den Kunden Sicherheit und zahlreiche Vorteile“, so HwK-Justiziarin Susanne Terhorst. Werkleistungen werden nicht nur mit Fachverstand erbracht, Fachfirmen können auch in Zukunft für mögliche Gewährleistungen in Anspruch genommen werden und stehen für Schäden gerade.
Hier arbeiten mehrere Handwerksorganisationen sowie auch die Handwerksinnungen in ganz Deutschland eng zusammen und sichern so die fortlaufende Unterstützung der Auftraggeber aus Reihen der Flut-Betroffenen: „Insofern können die auch guten Gewissens einen bei handwerk-baut-auf.de gelisteten Betrieb aus Hamburg, Berlin oder München beauftragen. Das handwerkliche Netzwerk funktioniert und Wartungen oder gegebenenfalls Reparaturen übernehmen später auch regionale Betriebe“, so Terhorst.
Fakten-Check zum Verfahren der Schadensregulierung:
- Gutachter beauftragen, der die Schadenssumme ermittelt / ggf. valide Schätzung für Abschlagszahlung in Höhe von 20 % - Frist zur Vorlage des Gutachtens im Nachhinein.
- Antrag auf Wiederaufbauhilfe stellen (80 Prozent bei Unversicherten, 100 Prozent bei Versicherten): Unterstützung bieten auch die Infopunkte im Ahrtal!
- Fachhandwerker beauftragen, die für Arbeiten und Geräte eine Gewährleistung übernehmen und entsprechende Rechnungen ausstellen – Infos auch auf www.handwerk-baut-auf.de
- Rechnungen dienen auch als Belege im Rahmen des Verwendungsnachweises
- nach Abschluss der Wiederaufbauarbeiten Einreichen der Verwendungsnachweise, nach denen die Fördermittel abgerechnet werden
Sollten dringend erforderliche Arbeiten die im Gutachten ermittelten Kosten übersteigen, wird die Förderleistung angepasst“
Weitere Informationen auf der Internetseite www.handwerk-baut-auf.de
HwK-Pressestelle
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