Sterbende einfühlsam begleiten
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HwK Koblenz führt erstmals "Letzte-Hilfe-Kurs" durch.Trauern ist die Lösung, nicht das Problem

Koblenz. Fast jeder hat schon einmal Erste-Hilfe geleistet und weiß zumindest, dass man einen Verletzten in die stabile Seitenlage bringt und auf schnellstem Weg Unterstützung holt. Aber „Letzte-Hilfe“? Schon mit dem Begriff tun sich Viele schwer. Die Vorstellung, einen Sterbenden zu begleiten, macht Angst. Und dennoch muss sich fast jeder irgendwann mit Sterben und Tod beschäftigen. Viele setzen sich damit auseinander, wenn die eigenen Eltern älter werden oder es „Verluste“ im Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis gibt. Die zehn Frauen und drei Männer, die das Angebot der Handwerkskammer (HwK) Koblenz nutzen, einen "Letzte-Hilfe-Kurs" zu besuchen, haben schon Erfahrungen mit dem Tod von Angehörigen, Freunden und Mitarbeitern gemacht oder wollen für die Zukunft vorbereitet sein. Im HwK-Zentrum für Ernährung und Gesundheit (ZEG) reflektieren sie ihre persönlichen Erlebnisse und sind offen für die Tipps und den Austausch von Erfahrungen.

„Im vergangenen Jahr haben wir einen Mitarbeiter im Alter von 40 Jahren verloren. Wir wussten, dass er Krebs hat, fanden aber nur schwer die richtigen Worte und fühlten uns im Umgang mit ihm und auch nach seinem Tod eher hilflos“, sagt Stefanie Helf vom Bauunternehmen Helf in Urmitz. Iris Leisenheimer, die mit ihrem Ehemann Holger einen Malerbetrieb in Windesheim führt, erzählt von vier Mitarbeitern, die vor kurzem den Vater verloren haben. „Wie reagiert man angemessen, was sagt man den Kollegen oder vermeidet man das Thema und lebt einfach den Alltag weiter?“ fragt sie. Beide begrüßen den „Letzte-Hilfe-Kurs“, mit dem die HwK Koblenz in Zusammenarbeit mit dem Koblenzer Hospizverein ihre Mitgliedsbetriebe auf Krisenfälle vorbereiten will. Das ist das Ziel von Barbara Koch, HwK-Geschäftsführerin und Koordinatorin des Projekts „Trauerbegleitung am Arbeitsplatz“, die für die mittelständischen Handwerksbetriebe und ihre Mitarbeiter ein niedrigschwelliges Veranstaltungsformat gesucht und gefunden hat.

Das sieht auch die geprüfte Bestatterin Petra Seifert so. Sie ist Inhaberin des 1931 gegründeten Bestattungsinstituts Pattenheimer in Bad Kreuznach. „Die meisten Menschen wachsen so auf, dass der Tod ein Tabu bleibt. Vielleicht auch, weil er daran erinnert, dass das Leben nicht unendlich ist. Ich möchte ihnen schon im Vorfeld Mut machen, sich nicht allein zu fühlen, wenn ein Angehöriger oder Freund im Sterben liegt. Jede Information ist wichtig und ich finde es sehr gut, dass die HwK Koblenz sich dieses Themas annimmt.“

Auch für Britta Rüb, die mit Ehemann Ralf in der siebten Generation ein 1828 gegründetes Bestattungsinstitut in Nickenich führt, ist der Erwerb vom zusätzlichem Wissen wichtig, um Hinterbliebene noch besser betreuen zu können. „Ich kann den Kurs nur weiterempfehlen.“

Krankenschwester Daniela Kiefer-Fischer, Bildungsreferentin im Koblenzer Hospizverein e.V., bereitet mit Laptop und Beamer die vom Initiator der Letzte-Hilfe-Kurse, dem Palliativmediziner und Notarzt Dr. Georg Bollig, vorgegebenen Inhalte für die Teilnehmer auf und bindet zahlreiche persönliche Erlebnisse aus jahrelanger Hospizarbeit ein. Sie gibt den Kursteilnehmern u. a. Anregungen, wie man bei einem Schwerkranken oder Sterbenden Symptome und Beschwerden lindern und auch ohne medizinisches Wissen helfen kann. „Dasein und Zuhören, Bleiben und Aushalten, weil es vielen einen Teil ihrer Last nimmt, wenn sie jemanden zum Reden haben. Nicht nach dem Morgen schauen, sondern auf das Heute sehen“, nennt sie Strategien.

Auch um das Thema Vorsorge geht es in der Veranstaltung. Eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht gehören unbedingt dazu. Viele zögern es lange hinaus, diese Schriftstücke anzufertigen. „Beide Dokumente müssen nicht von einem Notar beglaubigt werden. Es reicht aus, wenn sie von der Person, die sie betreffen, unterschrieben werden und der Bevollmächtige davon weiß“, so die Referentin.

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Der "Letzte Hilfe"-Kurs vermittelt die vielen Facetten, aber auch die Normalität des Todes, Sterben als Teil des Lebens, gutes Sterben als Voraussetzung für einen versöhnten Abschied und gute Trauer der Zurückbleibenden. Nicht auf jede Frage kann es am Ende des Crash-Kurses eine Antwort geben, zu individuell sind die Anliegen. Zur Vertiefung empfiehlt Daniela Kiefer-Fischer daher zahlreiche Publikationen, die die Thematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufbereiten, und die Beratungsangebote des Hospizes.

Daniela Becker-Keip, Betriebsberaterin bei der HwK, weist abschließend auf den speziellen Notfallordner hin, der eigens für Handwerksbetriebe entwickelt wurde und der in Krisensituationen, beispielsweise beim plötzlichen Ausfall des Inhabers oder eines leitenden Mitarbeiters, hilft, dass der Betrieb nicht ins Stocken gerät.

Das Resümee der Teilnehmer ist durchweg positiv, denn sie nehmen aus diesem Nachmittag die Erkenntnis mit: Trauern ist die Lösung, nicht das Problem! Die HwK Koblenz hat mit diesem außergewöhnlichen Angebot ins Schwarze getroffen. Die nächsten „Letzte-Hilfe-Kurse“ werden bereits für den Herbst geplant.

 

05.06.2018



 

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