Projekt "Handwerk bietet Zukunft" vermittelt Elektroniker aus Bosnien und Herzegowina an Handwerker im Kammerbezirk.Internationale Fachkräfte für Betriebe aus der Region
Zwei junge Elektroniker aus Bosnien und Herzegowina suchen einen Job mit Perspektive. Sie lernen Deutsch, legen eine Sprachprüfung ab und überzeugen online im Bewerbungsgespräch. Jetzt sind sie angekommen. Dass Ländergrenzen überschritten und gesetzliche wie bürokratische Hürden überwunden wurden, ist dem Projekt „Handwerk bietet Zukunft (HabiZu)“ zu verdanken, in dem die Agentur für Arbeit Montabaur und die Handwerkskammer (HwK) Koblenz sich engagieren.
„Ich heiße Emir Jasarevic und bin 23 Jahre alt. In Bosnien habe ich eine elektro-technische Fachmittelschule besucht mit Schwerpunkt Telekommunikation.“ Der junge Mann in blauer Arbeitsmontur sitzt am Konferenztisch der Firma Zoth (Westernohe) und stellt sich den Projektteilnehmern vor. Sein gutes Deutsch nach sechs Monaten Crashkurs überrascht alle. Jetzt geht es darum, das Fachwissen zu erweitern. Anders als in der dualen Ausbildung, für die Deutschland weltweit gelobt wird, hat Emir bislang nur theoretische Kenntnisse erworben. Die Basics für die Praxis bekommt er nun in der Lehrwerkstatt. Für Geschäftsführer Wolfgang Zoth ist der Mangel an qualifiziertem Personal das drängendste Problem, „wir brauchen Zuwanderung!“, betont er. „Wenn erst die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, weiß ich nicht mehr, woher wir Fachkräfte bekommen sollen.“ Umso wichtiger seien Konzepte wie „HabiZu“, mit denen die Betriebe unterstützt werden.
„Handwerk bietet Zukunft“ ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördertes Pilotprojekt, das der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Bundesagentur für Arbeit und die sequa GmbH gemeinsam mit der Arbeitsverwaltung von Bosnien und Herzegowina umsetzen. Außerdem „im Boot“ ist der Fachverband Elektro- und Informationstechnik Hessen/Rheinland-Pfalz. Hier geht es gezielt darum, Elektroniker zu gewinnen. Die Unternehmen melden die zu besetzenden Stellen und bekommen ein ganzes „Servicepaket“. Es umfasst die Auswahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber, die Einschätzung von Berufsabschlüssen, Anerkennungs- und Qualifizierungsverfahren, die Organisation von Sprachkursen (Level B1), digitale Vorstellungsgespräche und die Zulassung zum Arbeitsmarkt. Die Betriebe wiederum bieten den Beschäftigten aus dem Ausland zunächst eine Anpassungsqualifizierung und zahlen in dieser Zeit einen Helferlohn. Anschließend wird ein neuer Arbeitsvertrag mit der ortsüblichen Vergütung als Fachkraft abgeschlossen.
Im Westerwald freuen sich Björn Becker, Bereichsleiter der Agentur für Arbeit Montabaur, und Stefan Gustav, Abteilungsleiter Internationale Berufsbildung bei der HwK Koblenz, über den erfolgreichen Start des Projekts. „Im guten Miteinander ist es gelungen, zwei Elektroniker aus Bosnien in die Region zu holen; zwei weitere reisen demnächst ein. Das ist ein positives Signal, und wir setzen alles daran, dass aus dem Pilotprojekt eine ständige Kooperation wird. HabiZu trägt zur Existenzsicherung unserer Betriebe bei und eröffnet jungen Menschen Chancen, die sie in ihrer Heimat nicht bekommen.“
Auch kleinere Betriebe profitieren von HabiZu: In Rennerod führt Elektromeister Berthold Schneider eine Firma für Elektroanlagen, Gebäudetechnik, Wärmepumpen und Photovoltaik. Seine Belegschaft wird seit Anfang November durch Tarik Dozo (25) verstärkt. Schneider spricht die Probleme an, mit denen die Betriebe zu kämpfen haben: zu viel Bürokratie, zu viele Anlaufstellen für ein und dasselbe Anliegen – auch bei HabiZu. Die Kritik stößt auf offene Ohren: „Das Zuwanderungsgesetz ist einfacher geworden. Einfach ist es aber noch lange nicht“, bestätigt Gustav. Im Projekt werde daran gearbeitet, die Abläufe unkomplizierter zu machen, die Erfahrungen aus dem Projekt werden unmittelbar an das Bundeswirtschaftsministerium gemeldet.
Am 14. Dezember um 18 Uhr findet eine Hybrid-Veranstaltung zu dem Projekt „HabiZu“ statt. Anmeldung und Informationen bei Ann-Kathrin Maaß, Tel.: 0261/398-125, E-Mail: ann-kathrin.maass@hwk-koblenz.de.
25.11.2021
HwK-Pressestelle