Ralf Hellrich und Kurt Krautscheid
Michael Jordan
Ralf Hellrich (links) und Kurt Krautscheid beurteilen als Spitze der Handwerkskammer Koblenz die aktuelle Konjunkturlage des Handwerks im nördlichen Rheinland-Pfalz mit fast 22.000 Betrieben als angespannt. Vom Stimmungshoch 2021 mit 92 Prozentpunkten hat sich die Wirtschaftslage auf aktuell 81 Punkte abgeschwächt, die Erwartungen auf eine gute Entwicklung der konjunkturellen Lage für die nächsten drei Monate gehen sogar runter auf 73 Prozent.

14.10.2024Handwerkskonjunktur im nördlichen Rheinland-Pfalz ohne Schwung

Die Einschätzung des Handwerks im Kammerbezirk Koblenz zur aktuellen Geschäftslage ist getrübt. „Die Konjunktur im Handwerk im Kammerbezirk Koblenz zeigt sich insgesamt ohne Schwung und leicht rückläufig. Es braucht nun die richtigen politischen wie auch wirtschaftlichen Impulse, um das Handwerk zu unterstützen und somit eine wichtige tragende Säule der deutschen Wirtschaft zu stabilisieren“, kommentieren HwK-Präsident Kurt Krautscheid und Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich die neuesten Ergebnisse. „Wichtig ist, dass Wirtschaft und Politik umgehend gemeinsame Lösungen durch gezielte Maßnahmen umsetzen und den Bürokratieabbau vorantreiben“.

Für den Herbst-Konjunkturbericht der HwK wurden 2.800 Betriebe quer durch alle Branchen befragt. Das entspricht mehr als zehn Prozent aller bei der Handwerkskammer eingetragenen Betriebe. Die Zahl der HwK-Mitgliedsbetriebe liegt aktuell bei etwa 21.900 und hat sich damit im Jahresverlauf leicht erhöht.

Aktuell sind es 81 Prozent der befragten Unternehmen, die ihre aktuelle Geschäftslage als gut bis befriedigend beurteilen. Zum gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 86 Prozent. „Damit ist nun auch im Handwerk ein Dämpfer der Konjunktur erkennbar, so wie es in anderen Wirtschaftsbereichen spürbar ist und gerade jüngst auch durch die Bundesregierung selbst hinsichtlich der gesamtdeutschen Wirtschaftslage veröffentlicht wurde. Leider fallen auch die Zukunftsaussichten für das nächste Jahr nicht gerade rosig aus“, so Krautscheid und Hellrich.

Konjunkturergebnisse nach Branchen: Rückgang in allen Bereichen, Prognosen für den Winter angespannt

Im Kammerbezirk Koblenz geben aktuell nochmals die Kfz-Betriebe die besten Bewertungen ab. 86 Prozent (Vorjahreswerte in Klammern: 91 %) dieser Betriebe melden eine gute oder befriedigende Geschäftslage, gefolgt von den personenbezogenen Dienstleistungsbetrieben wie Friseure, Kosmetiker, Fotografen oder Schuhmacher mit 85 Prozent (73 %) und den Ausbaugewerben wie Tischler, Maler, Installateure und Heizungsbauer, Elektrotechniker oder Fliesenleger mit 84 Prozent (90 %). Die Geschäftslagebeurteilung bei den Baubetrieben ist nochmals leicht gesunken. Im dritten Quartal 2024 melden von den befragten Betrieben in den Bauhandwerken wie Maurer und Betonbauer, Zimmerer, Dachdecker oder Straßenbauer 78 Prozent (80 %) eine gute oder zufriedenstellende Geschäftslage.

Bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf wie Feinwerkmechaniker, Kälteanlagenbauer, Metallbauer, Gebäudereiniger geben 73 Prozent (88 %) eine zufriedenstellende Geschäftslage an. Dies ist ein deutlicher Rückgang. 77 Prozent (73 %) der Betriebe der Gesundheitsgewerbe wie Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker und Orthopädietechniker melden im Herbst 2024 eine gute oder befriedigende Geschäftslage. Von den befragten Betrieben der Nahrungsmittelhandwerke wie Bäcker, Konditoren, Fleischer sind aktuell 80 Prozent (79 %) mit ihrer Geschäftslage zufrieden.

Die Erwartungen für die nächsten drei Monate sind meist rückläufig. Von den Handwerkern für den gewerblichen Bereich erwarten für diesen Zeitraum nur 63 Prozent, von den Baubetrieben 66 Prozent, von den Kfz-Betrieben nur noch 68 Prozent und von den Ausbaubetrieben 75 Prozent eine stabile Wirtschaftslage. Von den personenbezogenen Dienstleistungsbetrieben gehen hingegen 89 Prozent von einer stabilen Konjunkturlage aus. Bei den Gesundheitshandwerken geben 85 Prozent positive Einschätzungen für die Zukunft ab, bei den Nahrungsmittelbetrieben sind es 80 Prozent.

Sophie Steden posiert mit Schere
HwK Koblenz
Sophie Steden aus dem Westerwälder Girod ist 26 Jahre alt und übernahm im vergangenen Jahr den Friseursalon ihrer Mutter. Die personenbezogenen Handwerke – dazu zählen auch die Friseure – konnten im Vergleich zum letzten Konjunkturbericht deutlich zulegen, 83 Prozent der Betriebe berichten über eine gute Wirtschaftslage.



Betriebsauslastung schrumpft, Umsatzentwicklung stabil

Die Beurteilung der Betriebsauslastung und Umsatzentwicklung im nördlichen Rheinland-Pfalz ist gesunken. 73 Prozent (78 %) der Befragten melden, dass sie zu mindestens 70 Prozent ausgelastet sind. Der Auftragsvorlauf liegt aktuell bei 11,1 Wochen und ist von 13,0 Wochen geschrumpft. Konstante oder gestiegene Werte im Auftragseingang geben 62 Prozent (60 %) der befragten Betriebe an. In den kommenden drei Monaten erwarten 70 Prozent (60 %) einen gleichen oder höheren Auftragseingang. 71 Prozent (73 %) der Handwerker melden aktuell höhere oder gleiche Einnahmen. Für das nächste Quartal gehen 68 Prozent (65 %) von einer stabilen oder positiven Umsatzentwicklung aus.

Aktuell berichten 46 Prozent (54 %) über steigende Einkaufspreise, 24 Prozent können höhere Verkaufspreise bei ihren Kunden durchsetzen (31 %).

Investitionsbereitschaft und Beschäftigungssituation zufriedenstellend

Die Investitionstätigkeit im Kammerbezirk Koblenz geht insgesamt zurück. Derzeit investieren 60 Prozent (56 %) der befragten Betriebe eine durchschnittliche Summe von 28.000 Euro (36.000 Euro). In der aktuellen Umfrage geben 65 Prozent (63 %) der Unternehmen höhere oder gleich hohe Investitionen an. In den nächsten drei Monaten planen 53 Prozent (53 %) der Befragten Investitionen in mindestens gleicher Höhe wie im Vorquartal vorzunehmen.

Im Personalbereich nehmen in diesem Herbst 70 Prozent (73 %) der Befragten keine Veränderungen vor, 15 Prozent (13 %) stellen Mitarbeiter ein, 15 Prozent (14 %) nehmen Entlassungen vor. Damit bleibt die Beschäftigtensituation ausgeglichen. Im kommenden Quartal planen 77 Prozent (78 %) keine personellen Veränderungen vorzunehmen, 16 Prozent (15 %) befürchten, Stellen abbauen zu müssen, 7 Prozent (7 %) der Befragten möchten zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

„Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Impulse, um die Unternehmen zu stärken, Startups zu etablieren und die Beschäftigungssituation hoch zu halten, um die anstehenden Transformationen in den unterschiedlichen Themenkomplexen zu stemmen. Deutschland muss ein attraktiver Standort für Investitionen bleiben“, so das Fazit der HwK-Spitze.

 

Foto von Anne Neil
HwK Koblenz
Augenoptikermeisterin Anne Neil hat sich im Sommer 2024 in Hoppstätten-Weiersbach selbstständig gemacht und zählt mit ihrem Handwerk ebenfalls zu den Branchen, die im Vergleich zum letzten Konjunkturbericht zulegen konnten, denn 77 Prozent – und damit 4 Prozent mehr - der Betriebe berichten über eine gute Wirtschaftslage.



Beratungsangebot der HwK Koblenz

Mit passgenauen Beratungsleistungen unterstützt die HwK ihre Mitgliedsbetriebe, ob in betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen, Beratungen für Design, Kommunikation, Marketing, zu technologischen Transformationsprozessen, Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen, Verstärkung der Nachhaltigkeit oder zu aktuellen Themen.

Informationen zu Einzelheiten der Herbstbefragung 2024 bei der Handwerkskammer Koblenz,
Tel. 0261/ 398-251, beratung@hwk-koblenz.de, www.hwk-koblenz.de