Im Rahmen des Sachverständigentages vereidigte die Handwerkskammer Koblenz (am Rednerpult Präsident Kurt Krautscheid) sechs neue Sachverständige.
HwK Koblenz
Im Rahmen des Sachverständigentages vereidigte die Handwerkskammer Koblenz (am Rednerpult Präsident Kurt Krautscheid) sechs neue Sachverständige.

Handwerkskammer Koblenz führt Sachverständigentag mit Neuvereidigung in Präsenz durch.Feierliche Vereidigung und Expertenforum

„Ich freue mich sehr, Sie zum Sachverständigentag mit Neuvereidigung in Präsenzform begrüßen zu dürfen“, eröffnete Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz, die Veranstaltung mit 80 geladenen Gästen im Zentrum für Ernährung und Gesundheit. Das fachübergreifende Forum für Weiterbildung, Erfahrungsaustausch und Kontaktpflege für die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen im Handwerk aus dem Bereich der HwK stand im Zeichen der Neuvereidigung wie auch des elektronischen Rechtsverkehrs.

Die bereits durchgeführte Wiedervereidigung musste aufgrund der Pandemie-Vorschriften im schriftlichen Verfahren stattfinden. „Immerhin konnten wir so gewährleisten, dass unsere Sachverständigen ohne Unterbrechung ihre wichtige Tätigkeit ausüben konnten. Gerade für die Gerichte war das wichtig, die Sie in fachlicher Hinsicht unterstützen“, hob Krautscheid eine Schlüsselrolle der Sachverständigen heraus. Denn sie werden von Gerichten zur Gutachtenerstattung beauftragt und helfen so, strittige Handwerkerleistungen nach deren Qualität und Preis zu beurteilen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen vor einer Vereidigung durch die Handwerkskammer: Meister im Handwerk mit Berufserfahrung ist grundsätzliche Voraussetzung. Außerdem wird ein besonderes Bestellungsverfahren durchlaufen und die besondere Sachkunde überprüft. Selbst die Erstellung eines Probegutachtens, eine schriftliche Prüfung und ein Fachgespräch zählen dazu, wobei der zuständige Fachverband hinzugezogen wird. Die Handwerkskammer entscheidet dann über die öffentliche Bestellung und Vereidigung. „Das gesamte Verfahren ist umfangreich, anspruchsvoll und soll eine unabhängige, weisungsfreie, persönliche sowie gewissenhafte Ausübung der Sachverständigentätigkeit sicherstellen“, erklärt Susanne Terhorst als HwK-Justiziarin die Hintergründe. „Sachverständige übernehmen eine hohe Verantwortung. Das möchten wir auch mit dieser Veranstaltung verdeutlichen, die in feierlichem Rahmen stattfindet und die geleistete Tätigkeit dieser Experten honoriert.“

Entsprechend anspruchsvoll wurde auch das Rahmenprogramm gestaltet. Marcus Schönemann, Regierungsrat im rheinland-pfälzischen Ministerium der Justiz, erläuterte in seinem Fachvortrag „Kommunikation in Zeiten der Digitalisierung – e-Akte und elektronischer Rechtsverkehr“ damit verbundene Entwicklungen und Vorschriften, die auch in das Sachverständigenwesen hineinwirken. Denn ab 1. Januar 2022 müssen auch Behörden einen elektronischen Rechtsverkehr sicherstellen, darunter die Handwerkskammer Koblenz. Die Teilnahme daran ist für Sachverständige noch freiwillig. Doch in der Praxis wird bereits jetzt vieles elektronisch versandt und vorgehalten. „Monatlich umfasst der elektronische Rechtsverkehr rund 100.000 Vorgänge. Im Jahr 2020 waren es 1,3 Millionen“, nannte Schönemann bereits jetzt erreichte Zahlen. Künftig wird die Digitalisierung auch hier die zentrale Rolle spielen – eine Ausrichtung, auf die sich auch die Sachverständigen einstellen müssen.

In einer Publikumsdiskussion nannten die Plus und Minus dieses Verfahrens. Gerade die Frage der Zugangsrechte in elektronische Rechtssysteme und die Umwandlung von Papier in e-Akten seien Hürden. Die Anschaffung entsprechender Programme und Gerätschaften, deren Implementierung in Erstellungsprozesse von Gutachten und ein technisch einheitlicher Austausch zwischen Gerichten und Sachverständigen wurden als Probleme genannt. Hier dürfe die Justiz mit Vorschriften nicht an den Realitäten vorbei einen „Generalplan“ entwickeln.

Die Gewinnung junger Sachverständiger stand im Mittelpunkt des Vortrages von Dachdeckermeister Herbert Gärtner, der selbst vor vielen Jahren zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ernannt wurde. Als Sachverständigen-Obmann des Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks Rheinland-Pfalz ging er auf seinen eigenen Werdegang ein und machte über das Beispiel von Dachdeckermeister Christian Gilles anderen Handwerksmeistern Mut, sich als Sachverständige zu bewerben. Gilles und Gärtner haben gemeinsam einen kollegialen Weg zurückgelegt, auf dem Erfahrungen und Wissen von einer Generation an die andere weitergegeben wurde. „Ich habe so unglaublich viel gelernt“, lobte Gilles die Unterstützung von Mentor Gärtner, der humorvoll, aber auch mit Nachdruck auf die Wichtigkeit dieser Arbeit einging. „Wir Handwerker sind als Meister und Sachverständige in vielen Fragen die einzigen Experten, die Leistungen und Hintergründe bewerten können. Das sollten wir in der Beurteilung nicht anderen, fachfremden Bereichen überlassen!“ Insofern komme der Gewinnung und Schulung junger Sachverständiger aus dem Handwerk eine wichtige, perspektivische Bedeutung zu, „der wir uns gerne, mit voller Leidenschaft und Wissenshunger widmen müssen“, griff Gärtner einen Aspekt auf, den er als Bereicherung empfindet. „Man lernt immer wieder dazu und jeder Fall ist anders. Das eigene Wissen wird so erweitert und fließt in die alltägliche Praxis ein.“

Höhepunkt der Veranstaltung war die Vereidigung sechs neuer Sachverständiger aus fünf Gewerken: Klempner- und Dachdeckermeister Reiner Bachenberg (Puderbach; LK Neuwied), Dachdeckermeister Christian Gilles (Rüber; LK Mayen-Koblenz), Maurer- und Betonbauermeister Marcel Groß (Spessart; LK Ahrweiler), Orthopädieschuhmachermeister David Haßler (Weiskirchen; LK Merzig-Wadern), Dachdeckermeister Lars Hennig (Emmelshausen, Rhein-Hunsrück-Kreis) und Kälteanlagenbauermeister Torsten March (Bullay; LK Cochem-Zell). Nach dem feierlichen Eid übernahmen sie die Insignien der Sachverständigen: Ernennungsurkunde, Ausweis und Rundstempel mit Siegel.

 

09.07.2021



 

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Jörg Diester

Jörg Diester
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