Flutkatastrophe: Aufbauhilfegesetz stellt Weichen für milliardenschweres Gesamtpaket.Bund und Land wollen schnell und vor allem unkompliziert helfen
Das Aufbauhilfegesetz steht, damit ist der Weg für hohe Zuschüsse für den Neustart in den vom Hochwasser zerstörten Regionen grundsätzlich frei. Es fehlt nur noch die finale Entscheidung des Bundestages sowie des Bundesrates. Damit das Geld auch fließt und gerecht verteilt wird, müssen jedoch so schnell wie es geht Strukturen geschaffen werden. Die Kammern rücken dabei als potenzielle Kooperationspartner in die vorderste Reihe, weil es auch um fundierte Beratung geht. Bei einer Konferenz mit Thomas Bareiß (CDU), einem von drei Parlamentarischen Staatssekretären im Bundeswirtschafsministerium wurde deutlich, dass jetzt alles ganz schnell gehen muss.
Ein Blick zurück: Bund und Länder hatten sich bereits am 10. August auf eine Soforthilfe von insgesamt bis zu 400 Millionen Euro und einen Wiederaufbaufonds mit 30 Milliarden Euro geeinigt. Jetzt musste nur noch der Bundestag den Weg frei machen, was am 25. August auch geschah. Das Treffen im Kompetenzzentrum für Gestaltung, Fertigung und Kommunikation einen Tag vor der Entscheidung zeigte, dass man ohne Zeitverlust an einem Strang ziehen will. Wer teilnahm? Neben Repräsentanten aus den zuständigen Ministerien nahmen vor allem Vertreter der Wirtschaftskammern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen teil. Dabei ging es vor allem um Fragen der Abwicklung, denn die betroffenen Unternehmen brauchen schnell Hilfe. Dass es die meisten ohne finanzielle Unterstützung sehr schwer haben werden, zeigt schon der Blick auf die Schadenshöhen. Sie liegt allein an der Ahr bei durchschnittlich rund 400.000 Euro pro Betrieb. „Wir wollen im Bund alles dafür tun und unseren Beitrag leisten, um die betroffenen Unternehmen und Handwerksbetriebe schnell zu unterstützen und den Wiederaufbau zu gewährleisten“, versprach Thomas Bareiß. Bis zu 80 Prozent, in Ausnahmefällen sogar 100 Prozent der Schäden sollen – übrigens völlig unabhängig von möglichen Corona-Beihilfen – durch das Aufbauhilfegesetz reguliert werden. Auch Verdienstausfälle können geltend gemacht werden.
„Für die Geschädigten ist es wichtig, solche Signale zu setzen und ihnen zu zeigen, dass mit dem Wiederaufbaufonds weitere Hilfen zur Verfügung stehen werden“, sagte Petra Dick-Walther (FDP). Die Staatssekretärin im Mainzer Wirtschaftsministerium erinnerte zudem an die bemerkenswerte Solidargemeinschaft der Länder.
Zu den wichtigen Signalen gehörten übrigens auch Betriebsbesuche im Umfeld der Konferenz, so in der Bäckerei Ulrich Brand und im Hotel Villa Aurora in Bad Neuenahr. Darüber, dass viele Unternehmer nach der gewaltigen Hilfsbereitschaft in den ersten Wochen nach der Flut psychisch in ein Loch fallen, war sich die Teilnehmer bewusst, ebenso wie der Tatsache, dass es aus Sicht von betroffenen Unternehmern alles nicht schnell genug geht. In diesem Zusammenhang erinnerte Kurt Krautscheid an die Spontanaktionen von Handwerksbetrieben.
„Die sind einfach losgefahren“, sagte der Präsident der HwK Koblenz und nannte als Beispiel den Einsatz von Elektrikern und die schnellen Spenden von Unternehmen. So stellte die Bürgerstiftung der Volksbank RheinAhrEifel 250.000 Euro für die Anschaffung von Materialien.
Angesichts solcher Vorstöße ist es nicht immer leicht zu verstehen, warum das Geld vom Staat erst nach Wochen fließen kann. Thomas Bareiß wies darauf hin, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes nun zügig die konkreten Eckpunkte der Förderung mit den Bundesländern vereinbart werden. Und die Länder müssen wiederum darauf achten, dass auf lokaler Ebene Strukturen geschaffen werden, um eine schnelle Auszahlung zu gewährleisten. Aus Sicht des Ministerialdirigenten Dr. Michael Henze aus dem Düsseldorfer Wirtschaftsministerium sollten Abschlagszahlungen vermieden werden. Die Teilnehmer waren sich grundsätzlich darüber einig, dass schon in der Beantragungsphase eine saubere Trennung zwischen Aufbauarbeit und Verdienstausfällen erfolgen muss, um dieses Ziel zu erreichen.
Leicht wird es nicht, weil auf die Verwaltungen nun viel Arbeit zukommt. Denn es geht ja nicht nur um die Belange von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, sondern auch um Selbständige und Angehörige freier Berufe. Und: Um eine Mehrbelastung der Kunden zu vermeiden, muss auch in jedem Fall sichergestellt werden, dass auch die Schäden von Infrastrukturbetreibern in vollem Umfang abgegolten werden, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit.
Das Bundeswirtschaftsministerium weist vorsorglich auf die Möglichkeit sogenannter Dringlichkeitsvergaben hin. Das ist auch eine Chance für regionale Unternehmen, zumal das Ministerium auf die EU-Kommission zugegangen ist, um sich auf EU-Ebene für zeitlich begrenzte Ausnahmen des Vergaberechts in akuten Krisensituationen einzusetzen.
30.08.2021