HwK-Veranstaltung erläutert Potentiale für das Handwerk.3D-Druck wissenschaftlich und praktisch vermittelt
„Stein auf Stein - also Schicht für Schicht - wird im Hausbau seit Jahrhunderten angewandt. Das ist die Urform des 3D-Drucks“, zog Prof. Dr. Jens Bliedtner von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena in seinem Vortrag einen bildlichen Vergleich, bei dem das Handwerk als Innovationsgeber gut wegkam.
Das machte den 80 Handwerkern bei der Informationsveranstaltung „3D-Druck: Chancen und Herausforderungen für das Handwerk“ Mut und Lust auf den Einsatz der innovativen Fertigungstechnik. Das hochkarätig besetzte Dozenten-Forum erläuterte in sieben Vorträgen, was Stand der Technik ist und auf welche Richtung neueste Entwicklungen ausgerichtet sind. Praktische Demonstrationen rundeten die Veranstaltung ab.
Auch wenn der 3D-Druck, bei dem dreidimensionale Objekte Schicht für Schicht gefertigt werden, längst in aller Munde ist, „steht der breite Einsatz erst noch aus“, machte Bliedtner in seinem Vortrag deutlich. Der weltweite Siegeszug sei vorprogrammiert, denn die Vorteile liegen auf der Hand und werden im Alltag immer häufiger genutzt. Dazu zählt die Fertigung von Bauteilen vor Ort, was beispielsweise Reparaturen vereinfacht. Analysiert ein Handwerker beim Kunden, welches Bauteil defekt ist und ausgetauscht werden muss, ließe sich über einen 3D-Druck direkt das Ersatzteil herstellen. Auch die Kosten lassen sich deutlich reduzieren. Beispielhaft wurde ein „gedrucktes Haus“ genannt, dass in Russland bereits gebaut wird. Innerhalb von 24 Stunden entsteht der Rundbau mit 38 qm Grundfläche für weniger als 10.000 Euro.
Auf 10 Mrd. Euro Umsatz schätzt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young den Jahresumsatz 2016, der mit 3D-Produkten weltweit gemacht wurde. Bei den Ausführungen der Experten in Koblenz, neben Bliedtner vier weitere Dozenten aus Informatik, Ingenieurwissenschaften und Wirtschaft, wurde aber auch klar: in vielen Bereichen ist gerade einmal der Startschuss gefallen. Wissenschaft und Wirtschaft sind neben dem Einsatz auch in der Erprobung sehr aktiv. Deutschland spielt dabei nicht nur mit, sondern ist ganz vorn dabei. Nirgendwo anders auf der Welt nutzen so viele Unternehmen das 3-D-Druck-Verfahren, wie hierzulande, fand Ernst & Young bei seiner Untersuchung heraus.
Das Handwerk ist dabei gut aufgestellt. Denn geht es um den Prototypenbau oder die Erstellung von Objekten, die konventionell (Bohren, Fräsen, Sägen) aufgrund ihrer Konstruktion und komplexem inneren Aufbau (so bei Kühlkanälen) nicht herstellbar sind, sind Handwerksbetriebe längst in der Anwendung oder Erprobung. So bei der Westerwälder MSA Vorrichtungsbau: Der weltweit liefernde Hersteller von Fertigungsmaschinen für die Automobilindustrie setzt 3D-Technik im Unternehmen dort ein, wo innovative oder hochkomplizierte Bauteile für die Fertigung eigener Maschinen eine Rolle spielen. MSA ist quasi „Selbstversorger“, dessen 3-D-Fertigung aber auch Aufträge für Dritte übernimmt. Wie erfolgreich das in der Praxis läuft, zeigen Auftragsbestand und Mitarbeiterzahl. In den vergangenen drei Jahren hat der Handwerksbetrieb die Zahl seiner Belegschaft verdoppelt!
Technologisch gut aufgestellt ist auch Capricorn Composite aus Meuspath am Nürburgring. Der Hersteller hochfester und ultraleichter Bauteile aus Carbon fertigt für den Rennsport (DTM, Formel 1) wie auch namhafte Automobilhersteller, aber auch für die Medizintechnik sowie die Luft- und Raumfahrt. „Unser Herstellungsverfahren wird auch Schicht für Schicht durchgeführt, nur sind es bei uns Carbonmatten“, beschreibt Geschäftsführer Arndt Hartelt. Die Veranstaltung in Koblenz interessierte ihn, „weil wir hier über den Tellerrand hinausschauen können. Außerdem schätzen wir den Austausch mit Wissenschaftlern und Anwendern aus der Wirtschaft.“
Die Begrifflichkeit „Zukunftstechnologie“ wurde bei der HwK-Veranstaltung nicht nur über praktische Anwendungsbereich erklärt, sondern auch auf Umsetzbarkeit in Handwerksbetrieben analysiert und dargestellt – im Jetzt und Heute.